Freitag, 24. Oktober 2008

Hallo, hier spricht Gott (1)

Als Gott beschloss, seine alte Erde zu verlassen – müde der sich verstärkenden Angriffe auf seine Person wegen unterlassener Hilfeleistung, Unberechenbarkeit und Rachsucht, flog er von Schiphol, Amsterdam, ab. Er reihte sich geduldig ein in die lange Schlange vor den Sicherheitsschleusen, war ja seit langem bekannt als Befürworter von Kontrollen, hatte mit diesem, von seinem A-Team entwickelten Slogan GOTT HÖRT ALLES, SIEHT ALLES, WEISS ALLES internationale Bedeutung erlangt und so manchem Agnostiker und Freigeist den Garaus gemacht. 

Das Erste, was Gott bei Annäherung an die Schleuse auffiel, war die gegenüber früher veränderte Apparatur: Nicht mehr ein bogenförmiges Gestänge empfing die Reisenden sondern eine Kabine – eine Duschkabine. Die Suggestion, sogleich abgeduscht zu werden, war so groß, dass die junge Frau dort vorne nach Betreten der Duschzelle ihren Kopf sofort nach hinten warf und ihre Arme nach oben streckte, wobei sich ihr Busen wollüstig spannte. Big bumpers, hörte Gott eine männliche Stimme sagen und der Stimme folgend sah er hinten auf einem Ganzkörper-Bildschirm die junge Frau nackt abgebildet, paradiesisch nackt.

„Na sowas!“ sagte Gott.

Der Anblick rief in ihm Erinnerungen wach, wie er, der Herr, Himmel und Erde geschaffen hatte und Adam und Eva dazu, den Menschen und sein Weib, beide nackt, ihm untertan.

„Treten Sie ein“, befahl eine Stimme, und Gott folgte und trat in die Scanner-Zelle. Sein weißer Kaftan verfing sich etwas im Türrahmen. Gott hob seine Arme hoch, warf sein Gesicht nach hinten. Greller Alarm durchstieß die Kabine. Wachleute eilten wie von Sinnen umher. Einer richtete eine Pistole auf Gott, ein zweiter ein Maschinengewehr: „Bleiben Sie, wo Sie sind!“
 
Ein Klumpen aus Aufsehern und Kontrolleuren ballte sich um den Sichtschirm des bodyscanner. Der Alarm schrie so schrecklich, als verwüste eine mörderische Terrorbande den Flughafen. Jetzt bahnt sich eine Polizeistaffel den Weg. Der Alarm verstummt. Einen Moment lang ist der Blick frei für Gott: Der Bildschirm zeigt kein Bild! Obwohl Gott von elektromagnetischen Wellen abgetastet wird, ist er nicht zu sehen.

Oder dachten Sie, ER zeigt sich nackt auf einem Flughafen in einem bodyscanner?

Herzlich Ihr Bernd Dost

Soeben bekam ich ein Schreiben aus Schiphol:
„Hallo, hier spricht Gott. Ich sitze in einer Arrestzelle fest und werde gefragt, wer ich bin und wo ich hin wolle. Ich sagte, ich bin Gott und will weg von hier. Sie sagten, wenn du Gott bist, lassen wir dich nicht weg. Und wenn du nicht Gott bist, sperren wir dich ein.“

Wird fortgesetzt. Ahnen Sie, ahnst du, was weiter geschah?


3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

In welcher Welt leben wir eigentlich?
Wir haben Angst vor einem "NAckt-Scanner", doch haben wir nicht schon längst unser Innerstes nach Außen gekehrt? Wir geben viel preiß von von uns im Internet, in dem wir Familienstand, Fotos und Vorlieben auf einem goldenen Teller präsentieren. Unsere Spuren im Netz bleiben erhalten, Du kannst Dein Profil in einem Internetforum löschen, aber es ist immer noch da, irgendwo im virtuellen Raum, für ewig? Wir machen uns GEdanken darüber, wie durchschaubar wir geworden sind, tun aber alles um uns wenigstens virtuell sichtbar zu machen. Wir wollen auf der Welt bleiben, auch nach dem Tod. Unser virtuelles Ich wird bleiben, aber spiegelt es uns wieder? Sind unsere Einträge und Bilder denn wahr oder berabeitet, verbessert, geschönt? Was ist die virtuelle Welt wirklich wert? Was nehmen wir in Kauf dafür, wenigstens ein bißchen bekannt zu sein? Ist der Preis dafür nicht zu hoch?

Anonym hat gesagt…

Hallo, hier spricht Petra, schön, wieder was Positives von Gott zu hören. Aber ich fürchte, er wird diese Welt nicht lange überleben.

Anonym hat gesagt…

Gott ist.